Der Kastenwagen ist und bleibt das Zugpferd der Neuzulassungen. Unfassbare 57 Prozent der neu zugelassenen Reisemobile in Deutschland (2022) gehen auf das Konto der praktischen Allrounder, das Angebot steigt ständig. Jeder Hersteller, der was auf sich hält, hat Kastenwagenmobile im Angebot. Kompakte, multifunktionale Campingbusse mit Aufstelldach sind im Moment der absolute Renner. Das Campingbusvergnügen beginnt zur Zeit mit Preisen bei rund 60.000 Euro in reisefertiger Ausstattung.
Kaufberatung
Grundvoraussetzung vor dem Kauf eines Campers ist in jedem Fall die Erstellung eines persönlichen Anforderungsprofils. In einem gemeinsamen Gespräch aller Beteiligten sollte man sich zu Hause und in aller Ruhe über die Art und Weise des zukünftigen mobilen Urlaubs klar werden. Diese Entscheidung ist wichtig, um genau das Reisemobil zu finden, das möglichst viele der Anforderungen erfüllt, die in diesem gemeinsamen “Brainstorming” erarbeitet wurden. Auch wenn sich die Diskussionen etwas länger hinziehen, bitte auf jeden Fall allen Familienmitgliedern die Möglichkeit geben, ihre Argumente pro oder contra zu artikulieren. Das erspart unter Umständen späteren Streit und eröffnet die Chancen auf entspannte, gemeinsame Urlaubswochen.
Achtung: Neue Campervans quasi aller Hersteller haben momentan und wohl auch bis in die Saison 2024 lange Lieferfristen von bis zu einem Jahr. Das muss bei der Kaufplanung unbedingt berücksichtigt werden. Sicher steht beim Händler noch das eine oder andere Kastenwagenmobil mit einem gängigen Grundriss, wer aber Sonderwünsche am Basisfahrzeug wie Automatik oder besondere Assistenzsysteme hat oder sich ausgefallene Ausstattung bei Einrichtung und Technik wünscht, wird sich mit sehr langen Lieferfristen anfreunden müssen.
Und das sind die wichtigsten Kriterien, die vor dem Kauf eines Reisemobils gemeinsam besprochen und geprüft werden sollten:
1 Preis: In welcher Preisklasse soll der zukünftige Van liegen? Wird eher ein Neu- oder ein günstigeres Gebrauchtfahrzeug ins Auge gefasst? Barkauf, Leasing oder Finanzierung? Ist in diesem Punkt, der den finanziellen Spielraum definiert, schon eine erste Entscheidung gefallen, hat sich der in Betracht kommende Kreis der “Wunschmobile” wahrscheinlich schon erheblich reduziert, die Auswahl wird, oft nicht ganz freiwillig, deutlich einfacher.
2 Typ: Steht ein alltagstauglicher Campingbus mit Aufstelldach, ein Van mit Sanitärraum oder ein luxusbetonter Kastenwagen auf dem Wunschzettel? Wieviel Platz, Arbeits- und Schlafmöglichkeiten werden gebraucht? Soll das Mobil ganzjährig genutzt werden? Ist private und/oder geschäftliche Nutzung geplant? Welche Urlaubsart wird bevorzugt? Autarkes Reisen mit Übernachtungen auf Stellplätzen oder eher der Besuch von Campingplätzen? Gibt es eine gesicherte und überdachte Unterstellmöglichkeit, oder muss das Mobil auf einen Stellplatz, in eine Garage oder unter einen Carport passen? Ist ein Saisonkennzeichen sinnvoll?
3 Grundriss: Wie viele Personen machen in der Hauptsache Urlaub mit dem geplanten Van? Wie viele Schlaf- und gesicherte Sitzplätze sind dafür erforderlich? Reicht die zulässige Gesamtmasse für die Crew mit Ausrüstung? Ist ein Familienurlaub mit Kindern geplant, muss der Camper mit mehreren Schlafplätzen natürlich größer ausfallen, eventuell sind separate Stockbetten oder ein optionales Aufstelldach für die Kinder nötig. Für das allein reisende Paar kann ein kompaktes Kastenwagenmobil mit einem Doppelbett im Heck und einer Dinette hinter den Fahrersitzen völlig ausreichend sein.
4 Urlaubsziel: Wohin soll die erste Reise gehen? Welche Urlaubsregionen werden bevorzugt? Wie viele Urlaubswochen pro Jahr sind geplant? „Vanlifer“ haben grundsätzlich andere Ansprüche an den Van als „Normalos“. Längere Urlaubsreisen in nordisch-kühle Regionen erfordern grundsätzlich eine andere Technik und Ausstattung, als kurze Wochenendtrips oder Urlaubswochen im sommerlichen Süden. Möchte man weitgehend mobil und autark unterwegs sein, dann müssen Heizung und die Versorgung mit Frischwasser, der Gasvorrat oder die Energiebevorratung entsprechend ausgelegt sein.
5 Die Ausstattung: Wie wichtig ist Luxus im geplanten Camper? Wer hauptsächlich auf langen Strecken im Ausland unterwegs ist, sollte mehr auf kompakte Fahrzeugmaße und Fahrkomfort, als auf eine üppige und luxuriöse Innenausstattung des Campers achten. Wobei man grundsätzlich davon ausgehen sollte, dass Toilette und Dusche ebenso an Bord sein sollten, wie ausreichende Schlafmöglichkeiten, Kochgelegenheit und gesicherte Sitzplätze für alle Miturlauber. Ob Komfortpakete, Fußbodenheizung, Solaranlage, Backofen, TV-Satanlage, Mikrowelle, Fahrradträger, Markise und andere Zusatzausrüstungen das Campingleben unterwegs verschönern sollen, das wird spätestens die maximale Zuladung und der Geldbeutel entscheiden.
6 Fachwerkstatt: Nicht zu vergessen ist die Frage, ob ich einen vertrauenswürdigen Händler oder eine Fachwerkstatt mit dem erforderlichen Equipment für Freizeitfahrzeuge in erreichbarer Nähe habe? Beim Fachhändler ist man auf jeden Fall auf der sicheren Seite, denn der Handel muss auch bei Gebrauchtfahrzeugen und Werkstattleistungen Gewährleistung geben. Nicht jede Kfz-Werkstatt hat die technischen Möglichkeiten, einen Camper regelmäßig zu warten und zu reparieren.
7 Probefahrt: Auch wenn die Anschaffung eines Reise- oder Freizeitmobils mit Hilfe der Prüfungskriterien eigentlich schon beschlossene Sache ist, sollten Sie dem Rat erfahrener Camper folgen und vor der endgültigen Unterschrift unter den Kaufvertrag beim Händler oder Verkäufer unbedingt eine etwa einwöchige Probefahrt mit Kind und Kegel in ihrem Wunschmobil unternehmen. Nur auf diese Weise können Sie sicher sein, ob Ihre Entscheidung für diesen Camper, für diese Grundrisslösung, für diese Ausstattung und für die Platzbedürfnisse ihrer Familie oder der Mitreisenden auf Dauer Bestand hat. Nur so ist entspannter Urlaub für alle garantiert. Die Mietgebühr wird in der Regel beim Kauf verrechnet, aber das sollte wahrhaftig kein Problem sein.
8 Messekauf: Noch ein paar Worte zum Kauf von Freizeitfahrzeugen auf Messen oder Händlerveranstaltungen. Überall dort, wo mit Messerabatt, Sonderpreis, bunten Plakaten, supertollen Angeboten und einmaligen Preisreduzierungen gearbeitet und geworben wird, ist Vorsicht die Mutter der Porzellankiste! Kein Hersteller, kein Händler und kein Verkäufer hat etwas zu verschenken. Augen auf, Preise und Konditionen vergleichen, die Gründe und die Dauer der Rabattierung erfragen, Garantie- und Gewährleistungen überprüfen, Zubehör- und Ausstattungsliste mit dem “Topangebot” vergleichen, nach Zusatzkosten wie Überführung, Zulassung, Mehrwertsteuer und Ähnlichem fragen….kurz auf einen Punkt gebracht: Lassen Sie sich nicht zu einem Spontankauf verleiten, überprüfen Sie zu Hause das schriftliche Angebot des Verkäufers in aller Ruhe, lassen sie einen neutralen Fachmann einen Blick in das Angebot werfen und überschlafen Sie Ihre Entscheidung, denn ein seriöser Händler oder Verkäufer hat dieses “Superangebot” auch noch einen Tag später am Start.
9 Gebrauchtkauf: Die aktuelle Diesel-Diskussion und die drohenden Fahrverbote in Innenstädten sind coronabedingt ab 2020 in den Hintergrund getreten. Der riesige Caravaning-Boom, der durch die Pandemie in den letzten zwei Jahren noch stark gefördert wurde, hat auch den Gebrauchtwagenmarkt quasi leergefegt und die Preise explodieren lassen. Das Kraftfahrtbundesamt KBA meldet 2022 in der Bundesrepublik einen Bestand von über 838.253 Reisemobilen. Es kamen 78.915 Neufahrzeuge hinzu und 93.261 gebrauchte Reisemobile wechselten in dieser Zeit ihren Besitzer. Der Herstellerverband CIVD berechnet das Durchschnittsalter aller registrierten Reisemobile auf rund 13,7 Jahre. Die lange Lebensdauer der Reisemobile und der momentane Boom im Reisemobilbereich spiegelt sich natürlich auch in den Preisen der Gebrauchtfahrzeuge wider. Das heißt: Junge Gebrauchte sind absolute Mangelware und werden teuer gehandelt. Zwei Wege stehen dem Kauf-Interessenten offen: Der Kauf beim Händler oder die Suche nach Privatangeboten. Ein Händler zur aktuellen Situation: „Selbst die ältesten Ladenhüter am Platz gehen zu Mondpreisen raus.“
10 Fachhandel: Wenn man nicht Reisemobil-Fachmann oder alter Hase mit jahrelanger Erfahrung ist, sollte man seinen “Gebrauchten” beim Fachhändler kaufen. Der Grund ist einfach: Der Händler bietet eine große Auswahl, kennt den Wagen meist genau, kann informieren und beraten und hat oft ebenso günstige Angebote wie der Privatmann, der über Annonce in der Zeitung oder im Internet verkauft. Zudem, und das ist ein ganz wichtiger Aspekt, muss der Händler, im Gegensatz zum Privatmann, die gesetzlich übliche Gebrauchtfahrzeug-Gewährleistung von einem Jahr geben. Viele Händler sind in Deutschland dem Deutschen Caravaning Handelsverband DCHV e. V. angeschlossen. Dieser Verband garantiert einen gesicherten Qualitätsstandard.
Euro 6d Final (Euro 6d-ISC-FCM – EU-Fahrzeugklassen (M, N1 Gruppe I)
Für die Typzulassung eines Fahrzeugs müssen Hersteller inzwischen den Energieverbrauch und die Emissionen im aufwendigen WLTP-Verfahren bei unterschiedlichen Betriebszuständen ermitteln lassen (WLTP = Worldwide Harmonized Light-Duty Vehicles Test Procedure). Dies gilt für die verschiedensten Kombinationen von Karosserie, Motor, Getriebe und Reifendimension. Der Unterschied zwischen den Zulassungsarten Euro 6d-Temp und Euro 6d – offiziell Endstufe Euro 6d-ISC-FCM – zielt darauf, um wie viel das RDE (Real Drive Emisson)-Ergebnis den Richtwert im realen Fahrbetrieb überschreiten darf. Ist bei Euro 6d Temp noch der Faktor 2,1 zulässig, so reduziert sich bei Euro 6d (Endstufe oder Final) die mögliche Toleranz auf den Faktor 1,5. Demnach dürfen Dieselfahrzeuge – auch leichte Nutzfahrzeuge wie Reisemobile – bis 3,5 t zulässige Gesamtmasse bei der Neuzulassung ab 1. September 2021 den NO-Grenzwert von 120 mg/km nicht überschreiten. Der CO2-Ausstoß wird nicht pro Fahrzeug, sondern über die Flottenemmission geregelt. Für Heavy Duty Fahrzeuge, LKW und Busse über 3,5 t zlG. gilt aktuelle die Schadstoffnorm Euro VIe. Diese Fahrzeuge unterliegen anderen Prüfkriterien und Normen als Pkw und leichte Nutzfahrzeuge.
11 Fahrzeug – Papiere: Der erste Blick nach genauer Inspektion des ausgesuchten Fahrzeugs sollte Prüfberichten, Fahrzeugpapieren und gegebenenfalls dem Service-Scheckheft und dem Dichtigkeitsservice gelten. Eine frische Hauptuntersuchungs-Plakette und eine gerade erfolgte Gasprüfung sind übrigens neben einem guten Gesamteindruck erste Indizien für einen guten Allgemeinzustand. Aufschlussreich ist auch ein Blick ins Inspektionsheft. Dieses Dokument gibt Auskunft darüber – mit Stempel und Datum beglaubigt –, ob regelmäßige Kundendienste wie die jährliche Dichtigkeitsprüfung oder der Generalcheck während der Garantie beim Händler durchgeführt wurden. Ein seriöser Händler hat sicher kein Problem damit, das ausgewählte Fahrzeug beim ADAC (siehe unten), TÜV oder der Dekra vorzuführen und begutachten zu lassen. Die Gebühren dafür sind ganz sicher gut angelegtes Geld.
12 Qualitäts-, Norm- und Gütesiegel: Ein wichtiger Hinweis für Qualität und normgerechte Verarbeitung des Vans – gerade bei Importfahrzeugen – können Gütesiegel wie das GS-Zeichen (Geprüfte Sicherheit), eine europaweite CE-Kennzeichnung von eingebauten Geräten und Teilen oder DIN-EN Hinweise für normgerechte Ausführung und Verarbeitung bestimmter Bereiche im Reisemobil sein.
13 Der Kaufvertrag: Ist die endgültige Entscheidung für ein Mobil gefallen, geht es an die rechtlich verbindliche Art, den Kauf abzuschließen. Vetragspartner ist immer der verkaufende Händler, er muss letztlich den Vertrag erfüllen und ist Ansprechpartner für den Käufer. Hersteller und Händler, aber auch Autoclubs bieten für den eigentlichen Kaufvertrag Muster- und Formverträge an, die vertragsmäßig garantierte zulässige Gesamtmasse, Achslasten und Garantien beinhalten. Bei Abschluss des Kaufvertrages und beim Abholen des neuen Urlaubsgefährts sollte eine fachkundige Person anwesend sein, die gegebenenfalls als Zeuge fungieren kann. Die Devise muss heißen: Alles schriftlich, einfach formulieren und nichts verschweigen! Jedes besprochene Detail im Kaufvertrag festhalten, besonders bei den aktuellen Lieferproblemen der Branche sollte eine annehmbare Lieferfrist im Vertrag festgehalten werden. Ein penibel erstellter Kaufvertrag, der selbstverständlich auch eine geleistete Anzahlung dokumentiert oder Zahlungsmodalitäten und den Preis oder die Art der Finanzierung enthält, kann später jede Menge Ärger vor Gericht ersparen. Der Kaufvertrag sollte mit dem Satz enden: „Dem Kaufvertrag liegen die Ausstattungs- und Preisliste sowie beim Gebrauchtkauf das besichtigte Fahrzeug mit der Fahrgestellnummer zugrunde. Technische und optische Abweichungen bedürfen der schriftlichen Genehmigung durch den Käufer“. Jede Abweichung von zugesicherten Eigenschaften schriftlich festhalten und sich vom Verkäufer gegenzeichnen lassen. Es sollte aber bedacht werden, dass ein Reisemobil im Gegensatz zu einem Pkw, keineswegs ein industrielles Massenprodukt, sondern zumindest der Ausbau, immer ein mit viel Handarbeit gefertigtes „Einzelstück“ ist. Dennoch sollten Sie, wenn gravierende Mängel festgestellt werden, unbedingt die Abnahme verweigern, auch dann, wenn ein geplanter Urlaub dadurch gefährdet wird. Achtung: Dem Händler steht nach § 326 BGB eine Entschädigung bei nicht begründeter Abnahmeverweigerung zu. Will der Händler die Abnahme eines mangelhaften Fahrzeuges erzwingen, müsste er klagen und die bei einer eventuellen Wandlung anstehenden Kosten gehen erst einmal zu seinen Lasten. |
Gebrauchtwagen-Check
Der ADAC bietet einen Caravan- und Wohnmobil-Gebrauchtwagen-Check an, der in Zusammenarbeit mit dem Caravaning-Gutachter-Fachverband (CGF) ab sofort deutschlandweit durch ausgebildete Sachverständige des CGF durchgeführt. Für teilnehmende Händler werden zwei Varianten angeboten: „Classic“ und „Premium“ zu Preisen ab 199,– Euro (netto). Der Check dauert in aller Regel zwei Stunden, je nach Kategorie und Umfang länger und wird wie folgt abgewickelt:
- Fahrzeug-Check durch spezialisierte Caravaning-Sachverständige
- Deutschlandweit einheitliche Standards und Checkliste
- Umfassender digitaler ADAC Prüfbericht als Beleg für Händler und Kunden
INFO
Gewährleistung und Garantie werden häufig verwechselt, sind aber grundverschiedene rechtliche Konstellationen.
Gewährleistung (Sachmängelhaftung) bezieht sich auf die Mängelfreiheit der Sache. Sie ist gesetzlich festgeschrieben, gilt zwei Jahre ab Kaufdatum und richtet sich an den Hersteller der Sache. Für den Fahrzeugbereich hat vor allem das Gewährleistungsrecht Bedeutung.
Garantie ist eine freiwillige Leistung vom Hersteller oder dem Händler. Sie ist in Ausführung und Zeit frei formulierbar und kann an bestimmte Bedingungen geknüpft werden. Beispiel: Die Dichtigkeitsgarantie des Herstellers ist an eine regelmäßige Inspektion in der Fachwerkstatt geknüpft.